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Geschichten aus Wylmersdorf

 
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Aneta
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Sk±d: Wilamowice

PostWys³any: ¦ro 21:21, 31 Maj 2006    Temat postu: Geschichten aus Wylmersdorf

Geschichten aus Wylmersdorf

600 Kilometer östlich von Berlin liegt Wilamowice. Früher hieß der Ort Wylmersdorf - heute noch spricht man dort ein Deutsch, wie es unsere Vorfahren im Mittelalter sprachen

Von Von Wlodzimierz Nechamkis

Auf den ersten Blick könnte man das alles für einen westdeutschen Vorort halten. Die farbenfrohen Hausfassaden sind zumeist frisch renoviert, die Gartenanlagen liebevoll gepflegt, der örtliche Zebrastreifen ist sauber auf den Asphalt gepinselt. Doch erste Blicke trügen. Nicht die westdeutsche Provinz entfaltet sich hier - sondern das polnische Städtchen Wilamowice. Und das hieß früher einmal Wylmersdorf.

Die Einwohner sagen, Wilamowice - rund 600 Kilometer östlich vom Berliner Wilmersdorf gelegen - sei ein ganz besonderer Ort. «Wir haben schon immer die Vorsehung auf unserer Seite gehabt», erklärt zum Beispiel die ehemalige Bürgermeisterin Barbara Tomanek, wenn sie auf die 750-jährige Geschichte des Ortes angesprochen wird: «Schließlich waren unsere Vorväter kluge Leute. Sie suchten sich einen Hügel für ihre Siedlung aus.» Davon profitieren die Wilamowicer bis heute. Bei den sintflutartigen Regenfällen im nahen Oberschlesien dieses Jahr oder bei der Jahrtausendüberschwemung im Jahr 1997 wurde der Hügel zur Insel: Das Städtchen blieb - ganz im Gegensatz zu der sonst so gebeutelten Region - unversehrt. Seine schlanke Backsteinkirche - die zweithöchste in der Gegend nach der von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärten Marienkirche in Krakau - ragte stolz gen Himmel.

Sich von den anderen abzuheben, das scheint also in der Tat eine Wilamowicer Spezialität zu sein. Wer sie verstehen will, muss weit zurückgreifen. Um 1241 - kurz bevor auch das Berliner Wilmersdorf entstand - gründete ein gewisser Wilem das Dorf, das früher auch einmal den Namen Wylmersdorf trug. Wilems Gefolgsleute sollten entvölkerte und von Tartaren verwüstete Gebiete bei Auschwitz neu besiedeln.

Die Bewohner des Ortes blieben am liebsten unter sich. Jahrhundertelang heirateten sie untereinander und bildeten eine geschlossene Gesellschaft. Fremde hatten bei ihnen nichts zu suchen. Es sei denn, sie waren bereit, sich ihnen anzupassen.

Besonders die Sprache der Wilamowicer, die Wymysöjer Kusa - der älteste unter den deutschen Siedlerdialekten des Mittelalters und einer der ältesten deutschen Dialekte überhaupt - , zementierte immer wieder den Zusammenhalt der Gemeinde. Wilamowice heißt in diesem Dialekt Wymysau und sich selbst bezeichneten die Bewohner des Städtchens als «Wymysöjer Loit».

Wie es war, als Fremder in den Ort zu ziehen, erzählt der 72-jährige Marian Szczepanczyk: «Mein Vater kam aus dem 20 Kilometer entfernten Dorf Kobiernice nach Wilamowice. Als er um meine Mutter freite, musste er sich im Wirtshaus bei der männlichen Kleinstadtjugend mit einem Fass Bier einkaufen. Außerdem musste er ihre Sprache lernen, um zu zeigen, dass er einer von ihnen geworden ist. Noch Jahre nach der Heirat wurde er angepöbelt, weil er zu Hause mit seiner Frau und den Kindern lieber polnisch sprach.»

Doch das ist alles lange her. Die Wymysöjer Kusa ist heute kaum noch in Gebrauch. Dafür gilt der Ort als Inbegriff wirtschaftlicher Stabilität und sozialer Sicherheit. In Wilamowice gibt es so gut wie keine Arbeitslosigkeit. Außerdem scheint das Zusammenleben friedlicher abzulaufen als anderswo: «Kriminalität ist für uns ein Fremdwort», sagt Jan Biba, Inhaber eines gut gehenden Textilunternehmens. Im Ort gibt es nicht einmal eine Polizeiwache. Stolz betonen die Wilamowicer, in ihrem Städtchen müsse niemand sein Auto abschließen - es bestehe sowieso keine Gefahr, dass es gestohlen würde.

Biba, der 180 Menschen in seinem Betrieb beschäftigt, hat 1974 als kleiner Handwerker angefangen. Heute konkurriert sein Unternehmen mit Firmen aus Hongkong und Indonesien. Den Schlüssel zu diesem Erfolg sieht Biba in einer weiteren Wilamowicer Spezialität - dem Fleiß. Darauf setzt er, und seine Mitarbeiter haben ihn bisher nicht enttäuscht: Bibas Mäntel und Jacken liegen längst nicht mehr nur in polnischen Geschäften aus, sondern sind auch in Tschechien und Litauen zu kaufen. Auch Ex-Bürgermeisterin Tomanek betont den besonderen Fleiß der Einwohner: «Die Wilamowicer sind keine Faulenzer. Sie sind geschickt und wissen ihre Leistung mit Gewinn zu vermarkten.»

Kein Wunder, dass so viel Erfolg auch Neid weckt. Beliebt, das waren die Wilamowicer eigentlich nie. Im Gegenteil: Wie ein roter Faden zieht sich der Neid der Einwohner umliegender Dörfer durch die Geschichte des Städtchens. Immer bauten die Wilamowicer die stattlicheren Häuser, fielen durch ihre eigene Tracht auf und sprachen eine Sprache, die niemand verstand. Immer wieder wurden und werden die Bewohner als «Holdy Boldy» - das heißt «Die Wichtigtuer» - verhöhnt.

Um die Herkunft der Siedler und damit um die Entstehung des eigenen Dialekts, der den Wilamowicern so viel Hohn eingebracht hat, ranken sich widersprüchliche Legenden. Die meisten von ihnen halten sich für Flamen. Ihre Urahnen kämen irgendwo aus den Niederlanden, Friesland oder Flandern, sagen sie. Die Merkmale eines mittelhochdeutschen Dialekts, die ihre Mundart bis heute prägt, erklären sie sich dadurch, dass ihre Ahnen sich auf dem Weg nach Osten lange in Deutschland aufhielten.

In der Gemeinde kursieren aber auch immer noch Theorien, wonach die ersten Siedler aus dem Elsass oder gar von den Britischen Inseln stammen sollen. Ganz unlogisch wäre das nicht - denn 26 Familien des Ortes tragen den Namen Fox, ein Name, der häufig in Schottland anzutreffen ist. Der 75-jährige Jozef Gara schließt nicht aus, dass seine Vorfahren ihre Wanderung nach Polen mit der Überquerung des Ärmelkanals angefangen haben: «Haus heißt bei uns houm und güta mögia hört sich wie das englische good morning an», sagt der letzte noch lebende Dichter der wymysöjerischen Kusa.

Sprachwissenschaftler betrachten solche Hypothesen allerdings mit Skepsis: «Die ersten Siedler sind wahrscheinlich aus Franken oder Thüringen über Schlesien nach Polen gekommen», sagt Dr. Peter Rosenberg von der Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder. «Ihre Mundart gehört zweifelsfrei zu den ältesten deutschen Dialekten, die es heute noch gibt. Sie erhielt sich so gut, weil die Wilamowicer wenig Kontakt zu anderen Deutschen hatten. Dazu noch lebten sie in einer sozialen Isolation. Ihre Abstammungsphantasien sind nichts ungewöhnliches. Auch andere ethnische Minderheiten legen sich oft eine exotische Identität zu.»

Fest steht: Die 3000 Einwohner zählende Gemeinde blieb lange Zeit eine klassische Sprachinsel. Bis zum Kriegsausbruch 1939 lernten die Kinder polnisch erst in der Schule. Zu Hause, in den Geschäften und auf der Straße sprach man nur wymysöjerisch.

Genauso zäh wie die Wilamowicer an ihrem Dialekt festhielten, erwiesen sie sich auch, wenn es darum ging, andere Vorrechte zu verteidigen. Im Gegensatz zu ihren polnischen Nachbarn, die als Leibeigene an die Scholle gebunden waren, kamen einige viel in der Welt herum. 1772 verleibten sich die Habsburger die Gegend um Krakau nach der Teilung Polens 1772 ein. Unter ihrer Herrschaft konnten sie sich 1808 von der feudalen Abhängigkeit freikaufen. Seit 1818 besitzen sie Stadtrechte. Sie modernisierten ihre Textilmanufakturen und vermehrten ihren Wohlstand durch Handel mit Wien. Manche ließen sich sogar dort nieder und betrieben eigene Geschäfte. Ein Urgroßvater von Jozef Garas brachte es in der Ferne sogar bis zum Hofschuster des Kaisers. Andere lieferten ihre Textilerzeugnisse - oft unter lebensgefährlichen Umständen - ins Herz Preußens, nach Berlin.

Erst im 20. Jahrhundert gerieten die Wilamowicer zwischen alle Fronten. Vorbei die Jahrhunderte des sozialen Aufstiegs. Bereits im September 1939 trauerten acht Familien um ihre Söhne, die in Kämpfen gegen die deutsche Wehrmacht gefallen waren. Aber auch auf Seiten der Deutschen waren Bewohner des Ortes in der Folgezeit vertreten. Rund 60 von ihnen dersertierten - trotzdem mussten die Wymysöjer nach 1945 für die Kriegsverbrechen der Deutschen geradestehen. Einige wurden misshandelt und aus ihren Häusern verjagt.

Besonders hart traf die Bewohner des Städtchens allerdings, dass sie bald nach Kriegsende ihre Sprache nicht mehr sprechen durften. Die Verordnung der Behörden wurde 1946 in der roten Backsteinkirche verlesen: «Hiermit erkläre ich den Tod der Wymysöjerischen Sprache und Kultur», verkündete damals der Pfarrer Franciszek Jez von der Kanzel.

Die kleine Insel konnte den Auswirkungen einer stürmischen Zeit nicht standhalten. Die fossile Sprache wurde im Laufe von zwei Generationen fast vollständig verdrängt. Heute leben in Wymysau nur 70 bis 80 Menschen, die sie noch sprechen. Eine von ihnen ist die 74-jährige Helena Nowak. Doch in ein paar Jahren wird die Wymysöjerische Kusa ausgestorben sein.

Dabei erinnert man sich im Ort langsam wieder an das verschüttete Erbe. Seit einiger Zeit gibt es in Wymysau eine folkloristische Tanz- und Gesangsgruppe. Junge Mädchen im Schulalter singen dort wymysöjerische Weihnachtslieder: Doch der Sinn der Texte erschließt sich ihnen nicht. Das wiederum enttäuscht die Alten. Sie kritisieren falsche Betonung einzelner Silben und reagieren kopfschüttelnd auf die gefühllose Aussprache ihrer Enkelinnen.

Außerhalb von Wilamowice wundert das Verschwinden der Sprache niemanden: «Das ist ganz normal», sagt der Sprachwissenschaftler Peter von Polenz von der Universität Trier. «So sterben eines Tages alle Kulturen und Sprachen dieser Welt.» Und so geht ein wichtiges Stück Identität in dem Ort verloren, den seine Einwohner einst Wylmersdorf nannten.



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